Eröffnung des Schauraums-Wachszinzhaus    Juni 2016

Kunst will gesehen und manchmal auch gehört werden. Frischen Wind auf den Kirchplatz bringt der „Schauraum Wachszinshaus“, der am Sonntag, 26. Juni 2016, um 11 Uhr eröffnet wird (Kirchstraße 14). Der Neu-Hattinger Maler Peter Nyman und die Hattinger Künstlerin Annette Schulze-Lohoff bieten ein breites Spektrum moderner Kunst im Schauraum mit eigenen Arbeiten, Malerei und einer Performance unter dem Titel „Hin und wieder bin ich glücklich“. Bildhauerin Petra Pfaff (Halver) spricht zur Eröffnung.

Der Name spiegelt das Konzept des Künstler-Duos. Es geht um Schauen, einen profitfreien Ort für menschliche Begegnungen mit Kunst und Künstlern. Angestrebt wird eine breite Palette: Malerei, Performance, Installationen, Grafik, Skulptur, Tanz, Fotografie, aber auch Musik und Literatur. Erste Interessierte haben künftige Ausstellungen zugesagt. Die Kosten tragen die Initiatoren. Das Angebot will die Kulturlandschaft bereichern und die Chance bieten, sich langfristig zu etablieren. 

Petra Pfaff u. Michael Kemmrich

 

 

"Uns schickt der Himmel" so betiteln die Bildhauerin Petra Pfaff und der Maler Michael Kemmerich andeutungsweise ihre Werke im Wachszinshaus, die dort ab dem 20. November zu sehen sind. Wohl auch deshalb, weil es sich tatsächlich um viele Himmel und ein Holzkreuz handelt.

Nicht nur zur Weihnachtszeit und nicht nur der Nähe zur St. Georgskirche geschuldet, beschäftigen sich  die beiden Künstler tatsächlich immer wieder mit gemalten Himmeln und christlicher Symbolik im Werkstoff Holz.

Holz und Papier, das ist das Material von Petra Pfaff. Sie hat schon ganze Baumstämme zu Objekten verarbeitet und raumfüllend ausgestellt und ihre sensibel bearbeiteten Papierflächen füllen ganze Wände.

Aus einem Holzstück mit Verästelungen wird ein Torso oder ein Körper mit durchscheinend glatter Oberfläche, aber auch noch, Achtung, mit spitzen Arbeitsspuren wie Splittern und Spitzen. Der Reiz, das Holz anzufassen ist groß, die kleinen Stachel mit Schelllack mahnen gleichzeitig zur Vorsicht. 

Durchlöcherte Papierarbeiten, die in ihrer Zeichenführung an Schnittbögen erinnern, allerdings aus Bütten, sind ebenso zu sehen wie kleine meisterliche Farbzeichnungen auf kleineren Formaten. 

Aus diesen homogen Papier- und Holzarbeiten fällt eine nahezu witzig-provozierende Arbeit heraus: Eine kleine Truppe von  Spielzeugsoldaten marschiert in der Nähe eines Erstehilfekoffers in Reih und Glied, so widersprüchlich und ohne Sinn, dass ein Lachen über unsere wirklichen Aufmärsche ein lauthalses Lachen möglicherweise im Keim erstickt. Ein beeindruckendes Objekt.

 

Die Bilder der Malers Michael Kemmerich sind zunächst einmal Landschaften, mit Horizont und weitem Himmel, wenn man so will, gemalte Himmel in jeder Form und Farbe; sehr intensiv und beeindruckend in ihrer Ausstrahlung und Farbgebung. Sie können einen verweilen lassen und heben die Stimmung. Das ein ganzes Werk aus Himmeln besteht ist sicher außergewöhnlich, aber nicht nur als Markenzeichen zu sehen. Es geht hier um Malerei in bestem Sinne. So wie Himmel und Wolken sich ständig verändern, so verändern sich Michael Kemmerichs Bilder ständig, er kann dies zeitlebends fortsetzen, den Betrachtern wie den Bildern, sind hier keine Grenzen gesetzt. Es ist und Bleibt Malerei mit hohen Assoziationsmöglichkeiten. Doch kommt man nicht umhin, sich mit den Bildtiteln zu beschäftigen, etwa "Dein schwarzes Haar Sulamith" aus Paul Celan Gedichten. Bürdet der Maler uns ein Rätsel auf oder liegt hinter diesen schönen Farben eine ganz andere Geschichte, ein Anflug von tiefer Nachdenklichkeit oder gar Trauer, die sich in den vielen Farbschichten wieder verflüchtigt.

Beide, Petra Pfaff und Michael Kemmerich, haben seit Jahren in ihren Arbeiten eine völlig eigenständige  Ausdrucksform entwickelt, die nun im Wachszinshaus mit der Eröffnung am 20. November um 11 Uhr im Schauraum am Kirchplatz einen geeigneten Platz und ein besonders schönes Umfeld findet.  

Annette Schulze Lohoff u. Peter Nyman     "Ich setzte den Fuß in die Luft"

Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug

 

In diesen magischen Worten der Hilde Domin ist enthalten, was Menschen den Vögeln seit jeher neiden. Nun ist auch für sie - für viele von ihnen - die Luft zu dünn geworden. Siegreich erobert der Mensch und sein Kapital nun auch die Luft, diesen wunderbar transparenten Raum, den zu betreten ihm von Geburt an verwehrt war und zerstört alles was ihm dort in die Quere kommt.

Den leichtgewichtigen und gefährdeten Geschöpfen der Lüfte, ihrer Schönheit, ihrer Kraft und Musikalität, ihrer elterlichen Fürsorge und ihrem Stolz, ihrer Insiration für unsere Mythen und Träume ist diese Ausstellung gewidmet.

 

Beate Steven

 

Markante Holzfiguren von Beate Stevens im Schauraum-Wachszinshaus

Außergewöhnlich, dass eine Frau aus großen Holzstämmen Figuren sägt und schnitzt ist es schon und dass die Bildhauerin ihr Handwerk

meisterlich beherrscht, sieht man ihren Figuren an. Wie aus dem Leben gegriffen stehen sie als herbe Schönheiten im Raum, markant und gleichzeitig emotional anziehend.

„Ist das Mädchen brav, ist der Bauch konkav..“, so der Titel der Ausstellung macht deutlich, dass etwas über die Figuren hinausgeht, selbst als dargestellte Paare sind sie mit sich alleine in der Welt. Sie berühren deshalb die Seele, man möchte sie geradezu anfassen oder über sie reden, als seien sie dem Betrachter irgendwie bekannt. Sie sind tatsächlich dem Leben nah und gleichzeitig fern, sie sind uns bekannt, sodaß man sagen könnte: wie aus dem Leben !

Man findet seine Zeitgenossen oder auch sich selber wieder in den kleinen und großen Figuren, sie sind nicht glattgeschliffen sondern tragen die Arbeitsspuren noch an sich, so wie die Künstlerin sie herausarbeitet hat in klassischer Tradition der Holzbildhauerei, studiert in Österreich mit einem Atelier in Köln.

Das die Figuren so anziehend wirken, liegt daran, dass sie zwar dem Leben entnommen sind aber trotzdem ihre Autonomität gegenüber der Welt bewahren. Beate Steven zaubert aus dem Holz heraus ihre Ansicht der Welt über die menschliche Figur, unverwechselbar, auch mit Liebe zu Details und Überspitzungen, zusätzlich koloriert, was sie noch lebensechter macht, dabei gilt: du darfst mich anschauen aber nur mit den Fingerspitzen berühren, wir menschlichen Figuren haben eine empfindliche Haut.

 

Der Ausstellung in Hattingen war ein Atelierbesuch oder soll man sagen „Werkstattbesuch“ vorausgegangen. In einem großen alten Gebäudekomplex nahe der Kölnmesse hat Beate Steven ihr Heimat gefunden um zu arbeiten, eine Rampe zum Transport der Figuren führt in ihre Arbeitsräume. Hier riecht es nach Holz und Arbeit. Stämme zum Trocknen, Werkzeug, ein Kran zum Hieven, Zeichnungen an den Wänden, fertige Figuren und Angefangenes, unglaublich, was sich die zierliche Beate Steven an Kraftanstrengungen zutraut, um ihre Werke ausstellungsreif zu produzieren. Sie spricht über die Entstehungsprozesse der Figuren, über Gelingen der Arbeit, auch über Abbrüche und über ihre Vorstellungen von Holzbildhauerei und wie sie versucht, ihren eigenen Weg zu finden. Sie ist in Arbeitskleidung mit Arbeitsschuhen, man kann nie wissen bei diesen Holzstämmen. Bei der direkten Arbeit im Holz haben wir sie nicht gesehen, aber sie versichert uns, dass sie täglich stundenlang arbeitet um ihre Figuren zum Leben zu erwecken. Es hat was, sich mit diesen Figuren zu beschäftigen, humorvolles Lächeln stellt sich bisweilen ein bei all dieser Lebensnähe und Lebendigkeit, kann Beate Steven vielleicht nicht aufhören zu arbeiten und zu schnitzen bis sich Ähnlichkeit eingestellt hat bei den Figuren zur Lebenswirklichkeit ? Sollen sie uns ähnlich sein, sollen wir ihr Dasein so akzeptieren in der Welt ? Die Werkstattluft hat jedenfalls etwas von Arbeit Gesättigtes und der natürliche Werkstoff Holz tut ein übriges, um von einem Kunst-Entstehungs-Ort zu sprechen, man spürt einem Hauch von Schöpfung und Erschaffen.

Jürgen Grislawski

 

 

Liebe Gäste, lieber Jürgen Grislawski und Klaus Peter Kalwitzki

 

man fängt hier an, was da an den Wänden hängt, entschlüsseln zu wollen. Es gibt hier Nachrichten zu sehen, die man verstehen will. Dabei ist doch alles ganz einfach, wie der Titel Rauchen und Trinken ja sagt:

Der Künstler in seinem Atelier mit Zigarette und einem Glas Wein gibt sich seinen Überlegungen zur Welt hin, skizziert so vor sich hin, gibt dann die Farbe hinzu, tritt zurück, betrachtet das Werk und überläßt später eventuellen Betrachtern Bilder in Form von Rätseln und der Mutmaßung, dies sei großartig modern, neu.. usw..

 

Doch so ist das nicht! Wir mussten bis in die Schweiz fahren um genaueres über Jürgen Grislawski zu erfahren, dabei wohnt und arbeitet er gleich um die Ecke in Herne, genau in Wanne. Wir haben uns kontaktiert und dann ihn selbst in seinem Atelier besucht, in seinem Haus,wo früher auch eine Poststelle residierte.

Eigentlich lächerlich: wir hätten ihn im Internet nur anklicken müssen, dann wäre uns alles bekannt gewesen über ihn, und dass seine Frau auch Künstlerin, Fotografin ist, hätten wir auch gewußt.

Jedenfalls das Atelier ist ein richtiges Atelier, oder was man meint,das es ein richtiges Atelier ist.

Es sieht hier nach Kunst aus, nach Arbeit, besonders an den Wänden, wo die größeren und kleineren Werke hängen und erst recht in der Druckwerkstatt mit der Walze und den Kästen mit Buchstaben und Druckfarben.

Hier entsteht das alles, ein Werk und eine Ausstellungsliste ziemlich lang und beeindruckend; dabei nicht zu vergessen: Es ist alles Handarbeit, alles ist mit den Händen, Augen und Herz entstanden.

Wir haben uns gefreut, einen Kaffee zusammen getrunken und sind an die Arbeit gegangen, diesen Grafik-Zyklus hier nun auszustellen. Fragen werden zu dieser Kunst bleiben, die haben uns schon vor der Eröffnung einige Besucher gestellt.

Deshalb nur kurz dazu: Dies ist eine künstlerische Wand-Zeitung, die ganz anders aussieht als andere Zeitungen, sie enthält aber dennoch Informationen und auch Hinweise zum Künstler und der Welt.

Ich weise ausdrücklich auf das Blatt: Glück und Arbeit hin, es zeigt ein ganz harmonisches Gleichgewicht zwischen Selbsterkenntnis und schöpferischer Arbeit, so könnte eine Zufriedenheit aussehen, wenn Arbeit im Einklang mit uns selbst stünde.

Und was ich persönlich hochschätze, ist die Tatsache, dass sich hier ein Künstler ein ganz eigenes Bild von der Welt macht, nicht alles wörtlich zu nehmen haben und er hier mit dieser Arbeit keine "Meinungsmache" betreibt. Er zeigt uns seine ihm ganz eigene Welt und die ist sehr farbig und äußerst lebendig. Fragen Sie ihn, wenn Sie Fragen haben.

Ich weise noch auf 3 weitere Termine im Rahmen dieser Ausstellung hin:

am 19. Mai  Eckard Koltermann mit Musiksolo 19 Uhr

am 26.Mai  Tom Briele mit dem Film "entweder oder"  auch 19Uhr und

am  2. Juni  Robert Bossard "Kontroversation" ebenfalls um 19 Uhr, wo wir ganz herzlich zu einladen.

 

 

Hannelore Nierhoff u. Claudia Winkel

 

 

 

Mutter und Tochter und die Stille

 

Schrecklich laut ist das Leben für viele geworden. In der neuen Ausstellung im Schauraum Wachszinshaus mit dem Titel: „Stille Orte“ kann man dem Lärm des Alltags entfliehen. Claudia Winkels Zeichnungen hingen schon in einer Kirche und Hannelore Nierhoffs „Stilles Örtchen“ spricht für sich. Zwei Künstlerinnen, Mutter und Tochter, Hannelore Nierhoff aus Kamen und Claudia Winkel aus Bielefeld haben seit den Kindertagen der Tochter nie mehr zusammen gemalt. Jede von ihnen ist nach der professionellen Ausbildung ihren eigenen künstlerischen Weg mit überregionalen Ausstellungen gegangen. Hannelore Nierhoff kommt in Hattingen auf bekanntes Terrain zurück, vor Jahren stellte sie im alten Rathaus zusammen mit der Künstlergruppe „ Ultramarin“ aus. Nun sind die Arbeiten von Mutter und Tochter zum ersten Mal gemeinsam in dieser spannenden Ausstellung zu sehen.

Die Zeichnungen, Malerei und Installation entführen den Betrachter an stille Orte. Man trifft auf akribisch gezeichnete Insekten, Fliegen, Heuschrecken, Falter, im Moment des Landens auf einem Stück Papier oder auch im Zustand des Vergehens. Um sie herum ist Raum, der Gedanken wandern lässt. Auch Pflanzen sind zu sehen, z.B. Seerosen. Es sind aber nicht die Seerosen von Monet, die jeder kennt, es sind Seerosen auf einem großen stillen, vielleicht japanischen Gewässer. Viel Schwarz-Weiß ist im Raum. Unbedeutendes wird wieder wichtig, da wurde mit dem Zeichenstift geforscht und bewahrt, auch kleine Teile der Natur nicht übersehen, gepaart mit Zärtlichkeit und Poesie. Weniger Biologie und Anatomie als vielmehr das Festhalten eines kleinen Kosmos.

Dann gibt es noch diese Installation „ Stilles Örtchen“. Das scheint so profan, lässt aber den Blick sehr weit zurück gehen in die deutsche Geschichte. Wäre da nicht die Spiegelschrift “Buchenwald“ gäbe es viele solcher Orte, zu lesen bei Handke, oder zu finden in unserer längst vergangenen Zeit. Durch eine Bilderserie die zwischen Abstraktem und Assoziationen schwebt, wird die Ausstellung rund, die Bilder sind selbst Orte ohne jemals konkret zu sein: Geheimnisvolle Zeichen, Notizen, stille Winkel und Ecken, Landschaft, Architektur, Kindheit, Kreidezeichnung, Seelenpartikel. Eine lohnenswerte Ausstellung, Poesie und Philosophie in Zeichnung, Malerei und Installation.

Eröffnung am Sonntag, 9.07.2017 um 11.oo Uhr 

mit einer Einführung von Prof. Dr. Kunibert Bering, Hattingen von der Kunstakademie Düsseldorf

 

 

Peter Nyman und  Annette Schulze Lohoff